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Romanistik

Zur Historizität von Stimmungen und Atmosphären

Datum: 24.11.2023, 09:00 - 25.11.2023, 12:00 Uhr
Kategorie: Workshop
Ort: Domerschulstraße 16 (Alte Universität), Neubaukirche
Veranstalter: Dr. Andrea Stahl (Neuphil. Institut/Romanistik)

Abschlusstagung des DFG-Netzwerkprojekts "Stimmungen, Konflikte, Welten"

Stimmungen und Atmosphären sind offensichtlich durch historische Zusammenhänge vorstrukturiert oder sogar mitbedingt. Zieht man die stimmungsintensive Gegenwart als Ausgangspunkt für die geplante Abschlusstagung heran, so zeichnen sich zwei zentrale Problemfelder ab:

  1. Erstaunlich ist, dass die bislang vorliegenden Studien zur Historizität von Stimmungen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, vorwiegend auf Zeiträume ab dem beginnenden 19. Jahrhundert Bezug nehmen. So sehr es naheliegt, diesen Sachverhalt durch die Tatsache zu erklären, dass subjektbezogene Stimmungen erst in einem entsprechenden diskurs- und subjektgeschichtlichen Umfeld emergieren können, so wenig lässt sich dies mit der Beobachtung Leo Spitzers in Verbindung bringen, wonach der Stimmungsbegriff auf antike und später christliche Konzepte der Weltharmonie zurückgeht und die Vorstellung kosmologischer Ordnungen zum Ausdruck bringt. Ein erstes Ziel der Abschlusstagung ist es daher, auch zwischen solchen historisch markanten Eckpunkten Beispiele ausfindig zu machen, in denen sich Stimmungen im Verbund mit Situationen, Handlungen, Räumen und Umwelten entfalten, sowie der Frage nachzugehen, welche künstlerisch-mediale oder auch diskursive Dynamik dabei sichtbar wird.
  2. Die gegenwärtige Virulenz kollektiver Stimmungen legt nahe, dass diese für Individuen und Gruppen nicht nur über ebenso eindringliche wie unaufdringliche Kohäsionsenergien verfügen, sondern auch als sich zuspitzende und konfliktträchtige Weisen der Welterzeugung funktionieren. Aufgrund ihres vielfältigen Semantisierungs- und Formierungspotenzials zwischen physiologisch und kulturell geprägten Prozessen oder auch zwischen empfundener Wirklichkeit und faktischer Realität können sie Spannungen reduzieren oder provozieren. Ein zweites Ziel der Abschlusstagung ist es daher, die Konfliktträchtigkeit von Stimmungen und Atmosphären in historisch vergleichende Kontexte einzuordnen und die mit ihnen eventuell problematisierte Geltung und Reichweite von kulturellen Ordnungen, Begriffs- und Wertesystemen nachzuzeichnen.

Mit dieser Zusammenführung von Stimmungen, Konflikten und Welten rückt zum Abschluss des Netzwerks in den Vordergrund, inwiefern Stimmungen gegenüber anderen kognitivaffektiven Erscheinungsformen einen Sonderstatus einnehmen, inwiefern subjektives und kollektives Empfinden überhaupt in Beziehung zueinander gesetzt werden kann und welche historisch-epistemologischen Problemfelder damit aufgerufen sind. Zur Diskussion steht damit auch, welche Anknüpfungspunkte für die Beschreibung und Analyse von Stimmungen zur Verfügung stehen und welcher Mehrwert daraus für das Verständnis mentalitäts- und kulturhistorischer Sachverhalte insgesamt resultiert.

Programm

Freitag, 24.11.2023

09:15 Uhr Begrüßung
09:30–10:15 Uhr Jan Slaby (Berlin): Das Ungefühlte
10:15–11:00 Uhr Brigitte Burrichter (Würzburg): Das Unheimliche im französischen Artusroman des 12. Jahrhunderts
11:00 Uhr Kaffeepause
11:30–12:15 Uhr Victor Ferretti (Augsburg): Über bukolische Dysphorie
12:15–13:00 Uhr Zeno Ackermann (Würzburg): Stimme und Stimmung: Shakespeares Sonette und/versus populäre Musik
13:00 Uhr Mittagessen
14:30–15:15 Uhr Christian Wehr (Würzburg): Stimmung(en) in der Barockmusik
15:15–16:00 Uhr Stephan Leopold (Mainz): Stimmungen der Moderne. Balzac, Henry James, Proust
16:00 Uhr Kaffeepause
16:30–17:15 Uhr Kerstin Thomas (Stuttgart): Lösen und Verbinden: Stimmung als Gestaltungsmittel in der Kunst um 1900
17:15–18:00 Uhr Andrea Stahl (Würzburg): Bedingungen und Bedürfnisse. Stimmungen bei Marcel Proust
18:00–18:45 Uhr Michael Cuntz (Erfurt): Der deshumanisierenden Ver-/Zer-Stimmung widerstehen. Zu David Roussets Les jours de notre mort/Die Tage unseres Todes
20:00 Uhr Abendessen

Samstag, 25.11.2023

09:15–10:00 Uhr Reinhold Görling (Berlin): Sich in der Intrige blockierende Stimmungen: Stasis in den Videoarbeiten von Aernout Mik
10:00–10:45 Uhr Achim Stephan (Osnabrück): Intentionalität
10:45–11:30 Uhr Abschlussdiskussion
12:00 Uhr Mittagessen

Programm

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